Virtual Reality mit Oculus Rift

Vor einer Woche hatte ich die Gelegenheit, die Beta Version von ‚Oculus Rift‘ auf der Nase zu haben und mich beeindrucken zu lassen. Der Eindruck, der nur schon durch die mitgelieferte Demoszenerie ausgelöst wird, ist enorm. Besonders beeindruckend war die Erfahrung, dass sich beim Drehen, Heben oder Senken des Kopfes auch der Blickwinkel mit verändert, so, als ob ich tatsächlich in dieser Landschaft – in diesem Falle die italienische Villa in der Toscana – stehe. Bewege ich mich mit den Cursor-Tasten durch die Villa, kann ich auf den Balkon treten, die Treppe hinunter, zum Kamin mit flackerndem Feuer oder zum Springbrunnen auf der Wiese vor dem Hause gehen und habe dabei das gleiche optische Erlebnis, als ob ich mich tatsächlich durch die Räume bewege. Der Seheindruck hat keinen Rand, das Bild ist rechts und links von dem scharfen Sehwinkel immer noch vorhanden.

Ein kurzer Abstecher in ein Baller-Spiel war mir dann zu schnell und zu stressig – weil eben arg realistisch. Bis auf den Tod, den ich mehrfach erleben mußte, weil ich völlig unvorbereitet war. Die gesehenen Bewegungen in Verbindung mit dem ruhenden eigenen Körper hat Schwindel- und Unwohlseinsgefühle ausgelöst.

In Verbindung mit 360° Kameras, genügend Rechenleistung und Software a la ‚unity‘ werden da in Kürze große Mengen an neuen Welten, Eindrücken und Möglichkeiten auf uns zukommen.

Es wird sich zeigen, wieviele Menschen dann ihr reales Leben lieber mit der Brille oder einem leichten schicken Helm als Avatar in einer bunten, spannenden, erfolgreichen virtuellen Welt verbringen werden. Der Sog wird enorm sein. Ich stelle mir den Eindruck vor, der entsteht, wenn ich nach einem Flug auf einem Saurier in einer bunten Fantasiewelt a la ‚Avatar‘ und vielleicht dort erzielte Erfolge und erhaltene Anerkennung im Kampf gegen die Invasoren, die Brille absetze (weil ich auf die Toilette muss) und mich in meiner eher spartanisch zusammengewürfelt eingerichteten Wohnung in einem Randgebiet einer Großstadt wiederfinde. Arbeitslos, antriebslos, ideenlos – schnell wieder rein in die Welt.

Vermutlich wird der Anspruch auf so eine Brille und einen kostenlosen Internetzugang zu diesen Spielen und virtuellen Welten sehr schnell zu einer Basisleistung von ‚Hartz XYZ‘ werden.

Ich kann mir aber auch sehr, sehr nützliche und bereichernde Lösungen vorstellen, für die ich die Brille gerne aufsetzen würde. Zum Beispiel, um an einer auf meine Interessen individuell zugeschnittene Führung durch die Impressionisten Sammlung im Pariser Louvre teilzunehmen. Während der Guide – egal, ob ein anderer Mensch mit einer Brille, den ich bezahle, oder ein Avatar mich führt – wird die Szene gewechselt und ein ‚reales virtuelles Erleben‘ der Provence, ein Blick über Renoirs Schulter, während er malt, eingeblendet.

Oder ein Gang über die Akropolis oder das Forum Romanum, wie es heute schon in historischen Dokumentationen nachgestellt wird. Alle Gebäude sind ‚wieder aufgebaut‘, ein reges Treiben von Menschen um mich her und ich schreite mit ihnen durch die Geschichte.

Aber auch Teamwork über die Kontinente hinweg, Brainstorming Meetings in virtuellen Räumen mit Pinwänden, Projektoren, Gänge durch geplante Wohn- und Geschäftsräume, technischer Support an komplexen Industrieanlagen sind konkrete und sehr nützliche Vorstellungen von diesen neuen Möglichkeiten.

Ich bin gespannt, was ich davon alles noch erleben werde. Ganz sicher aber wird es die beiden Seiten geben.